Rede auf der Düsseldorfer Demonstration im Rahmen des europaweiten Streik-und Aktionstages am 14. November 2012

Der heutige länderübergreifende Generalstreik ist in seiner internationalen Dimension ein einmaliges und großartiges Ereignis! Er überwindet die bisherige nationale Trennung der Proteste und macht klar, dass nur ein gemeinsamer europäischer Widerstand die europäische Krisen- und Verarmungspolitik stoppen kann. Gleichzeitig hat der Streik aber auch eine Vorgeschichte in den verschiedenen sozialen Kämpfen in den einzelnen Ländern, im Protest gegen von der EU verordnete Kürzungen, im Widerstand gegen Zwangsräumungen und in Fabrikbesetzungen nach angedrohten Werksschließungen.

Ein Minenarbeiter aus Asturien, der mit seinen Kolleginnen und Kollegen wochenlang streikte und mit ihnen die Angriffe der Polizei militant zurückschlug, fragte in einem Interview in Richtung der prekarisierten Beschäftigten in der ganzen Welt:„Warum tun sie nichts? Warum wehren sie sich nicht? Wir können den Kapitalismus nicht allein besiegen. Schließt euch uns an, fangt an zu kämpfen!“

In diesem Sinn ist unsere Demonstration heute ein Zeichen internationaler Solidarität in einem Land das führend bei der Gestaltung und Durchsetzung der europäischen Krisenpolitik ist. Aber die einzige Möglichkeit, tatsächlich den Streikenden in Südeuropa praktisch zu helfen, das kapitalistische Krisenkommando von EU und BRD zu stören, ist die Organisierung und Entfaltung von sozialen Kämpfen hier vor Ort.

Die jahrelange Zurückhaltung in der Tarifpolitik und die lange Tradition der Sozialpartnerschaft haben nicht nur zu Reallohnverlusten, Agenda 2010 und Hartz 4, zu prekarisierten Beschäftigungsverhältnissen und Altersarmut geführt. Diese Politik ist auch mitverantwortlich für die Krise in anderen europäischen Ländern und wird jetzt zum Vorbild für die europäischen Spardiktate erklärt, mit fatalen Folgen. Es liegt in unserer Verantwortung und auch in unserem Interesse dieser Verarmungspolitik von oben endlich einen entschlossenen Widerstand von unten entgegenzusetzen. Sicherlich ist dabei der politische Generalstreik eines der wirkungsvollsten Mittel und wir unterstützen jede gewerkschaftliche Initiative die für seine Durchsetzung kämpft.

Aber der Kapitalismus setzt seine Logik der Profitmaximierung in vielen gesellschaftlichen Bereichen durch und überall dort müssen wir zurückschlagen. Auch in Deutschland wird tausenden Haushalten der Strom abgestellt, werden Menschen die sich keine Fahrtickets leisten können wegen sogenannter Beförderungserschleichung in den Knast gesteckt, werden Wohnungen zwangsgeräumt und Menschen aus ihren Stadtteilen vertrieben.

Auch die Stadt Düsseldorf, die sich selbst gerne als Stadt der Schönen und Reichen, der Mode und des Luxus inszeniert, ist in Wahrheit eine Stadt der sich zuspitzenden sozialen Widersprüche. Während überall Luxuswohnungen gebaut werden, laufen bei früheren Sozialwohnungen die Preisbindungen aus ohne dass für Ersatz gesorgt wird. Tausende Menschen suchen in Düsseldorf deshalb nach Wohnungen. Die Mieten in Düsseldorf sind im letzten Jahr um 10% gestiegen und wer sich das nicht leisten kann, der soll in der Vorstellung von Oberbürgermeister Elbers eben in die Außenbezirke oder ins Umland ziehen. Wir finden, Wohnraum darf keine Ware sein, er darf nicht für Spekulation und Profitmaximierung benutzt werden, sondern muss dazu dienen die Bedürfnisse aller Menschen zu befriedigen.

Die Vertreibung von Menschen aus ihren Wohnungen und Stadtteilen, die Privatisierung von kommunalen Wohnraum, die Ignoranz der Stadt gegenüber den Bedürfnissen der Bewohnerinnen und Bewohner, kurz die gesamte neoliberale Stadtpolitik muss beendet werden, und sie kann nur von uns allen gemeinsam beendet werden.

Zu diesem Zweck haben wir zusammen mit vielen anderen Initiativen das „Bündnis für bezahlbaren Wohnraum“ gegründet. Wir haben Pressekonferenzen und Kundgebungen organisiert, uns vernetzt und über gemeinsame Forderungen und Strategien diskutiert. Am 29.11. um 17 Uhr werden wir vor dem Schlossturm ein „Sleep Out“ veranstalten, mit Isomatten und Schlafsäcken ausgestattet werden wir zeigen, dass immer mehr Menschen in Düsseldorf keine Wohnungen finden können. Mit einer Postkartenaktion werden wir dem Oberbürgermeister und dem Stadtverwaltung zeigen, wie viele Menschen von ihrer unsozialen Wohnungspolitik betroffen sind. Wir wollen uns über die Grenzen Düsseldorfs hinaus mit Initiativen aus Hamburg und Berlin vernetzen und uns über ihre Aktionen gegen Wohnungsnot und steigende Mieten austauschen. Wir werden den Druck gegen diese profitorientierte Politik erhöhen und zusammen mit euch und vielen anderen können wir sie stoppen. Sorgen wir gemeinsam dafür, dass die Friedhofsruhe in der BRD gebrochen wird, lasst uns in Zukunft nicht mehr nur ein Zeichen der Solidarität aussenden, sondern einen Beitrag zu den weltweiten Kämpfen gegen Kapitalismus und Ausbeutung leisten.

Zum Schluss unserer Rede bleibt uns noch herzliche und solidarische Grüße an die Streikenden in Südeuropa auszusenden, an die Festgenommenen und die verletzten Opfer der heutigen Polizeigewalt in Spanien und Italien: Euer Kampf ist unser Kampf, hoch die internationale Solidarität!

see red! Interventionistische Linke Düsseldorf, 14. November 2012

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